Fingers Crossed

Wer kennt’s nicht? Jedes Jahr kurz vor Silvester fragen wir uns doch alle: Was kann ich im nächsten Jahr besser machen? Was will ich erreichen? Dabei ist es doch rational betrachtet total ineffizient, dafür aufs neue Jahr zu warten. Warum machen wir es trotzdem? Vielleicht, weil wir denken, so vorher noch etwas entspannen zu können. Den inneren Schweinehund mental auf die Umstellung vorbereiten. Noch ein wenig faul sein, bevor es losgeht. Heute erzählen uns drei junge Menschen, was sie sich zuletzt vorgenommen haben. Und vor allem, was sie daraus gelernt haben.

Leon, 18: „Ich hab mir vorgenommen, weniger zu zocken.“

Ende 2019 habe ich mir fest vorgenommen, Rechner und Konsole im nächsten Jahr öfter mal liegenzulassen. Zwei Wochen lang hat mein Vorsatz ganz gut geklappt. Allerdings vermutlich nur, weil ich krank war – und die meiste Zeit geschlafen habe. Danach ging’s zurück zur alten Routine: Schule, Essen, Zocken, Schlafen. Anfang Februar dachte ich dann nach: Warum hab ich’s nicht geschafft? Und wisst ihr, was ich gemacht habe? Mir vorgenommen, es nochmal zu versuchen – ab März. Was für ein Schwachsinn! Das wurde mir nach 4 Stunden Zocken noch am selben Tag klar. Und zu dem Zeitpunkt war ich dann irgendwie von mir selbst genervt. Ich hab mich gefragt, warum es mir so schwer fiel. Und dann wurde mir klar: Weil die Alternative fehlte. Was wollte ich schon immer ausprobieren? Direkt kam mir Kampfsport in den Sinn. Wenn nicht jetzt, wann dann? Bevor ich mich umentscheiden konnte, buchte ich online einen Anfängerkurs. Es hat geklappt. Wenn’s hochkommt, zocke ich mal am Wochenende. So lief es ein Jahr lang sehr gut. Um während der Pandemie nicht in alte Muster zu verfallen, habe ich mir statt einer neuen Konsole alles fürs Training zu Hause besorgt. 

Ricarda, 20: „Ich wollte nachhaltiger leben.“ 

2019 bin ich von zu Hause ausgezogen, ca. 300 km weit weg in eine Großstadt. Endlich studieren! Ich zog ins Studentenwohnheim – in eine WG mit fünf Mitbewohnern. Hier stellt man sich nicht den Bewohnern vor, sondern wird einfach irgendwo hingeschickt, wo es gerade ein freies Zimmer gibt. Da kümmert es niemanden, was der andere macht. Mülltrennung zum Beispiel: Kaum einen interessiert’s, weil man es immer schön auf die anderen schieben kann, wenn der Bioabfall im Plastikcontainer landet. Also rief ich sie alle zusammen. Schön getarnt als gemeinsamer Chillabend. Ich hab gekocht und schließlich das ernste Thema angesprochen. Es geht doch nicht, Freitags fürs Klima zu streiken und am gleichen Tag so sorglos damit umzugehen. Das sahen auch meine Mitbewohner nach kurzer Diskussion ein. Plötzlich war Mülltrennung kein Problem mehr. Und endlich wurden auch die Fenster geschlossen, wenn die Heizung an war. Wir haben die Pinnwand im Wohnheim genutzt, um zu verschenken, was wir doppelt hatten. Wer braucht 17 Pfannen, die Vormieter vergessen hatten? Schritt für Schritt bewegten wir uns in die richtige Richtung. Ich bin verdammt stolz auf meine Mitbewohner! Und was noch passiert ist: Wir lebten nicht mehr aneinander vorbei, sondern sind echte Freunde geworden.

Bahati, 18: „Mein Ziel: endlich dünn sein.“

Ich hatte schon immer das ein oder andere Kilo mehr als der Durchschnitt auf den Hüften. Und schon immer haben meine Mitschüler mich das auch spüren lassen. Wie man mich genannt hat, verschweige ich euch lieber. Deswegen habe ich mir vorgenommen abzunehmen – jedes Jahr aufs Neue. Immer wieder erfolglos. Warum? Diese Frage hab ich mir drei Jahre lang gestellt. Irgendwann wurde mir klar, dass ich gar nicht unzufrieden mit meiner Figur war. Einzig und allein wollte ich die fiesen Kommentare nicht weiter ertragen müssen. Mein eigentliches Problem war also nicht meine Figur, immerhin war mein Gewicht noch im gesunden Bereich, sondern mein Selbstbewusstsein. Also entschied ich, genau daran zu arbeiten. Beleidigungen überhörte ich. Sie waren mir nicht mal mehr ein Augenrollen wert.  Ich nahm mir andere Vorbilder, machte eine Social-Media-Pause und nach und nach veränderte ich mich. Heute bin ich ein anderer Mensch – von innen. Ich stehe zu meinem Körper und mag ihn sogar. Auf Neujahrsvorsätze verzichte ich aber lieber.

Was hältst du von Neujahrsvorsätzen? Hast du schon mal einen erreicht? Verrate es uns als DM oder Kommentar auf Instagram! (Link: IG)