Yannick Reiners alias bmg_Jeffry Yannick Reiners aus dem Team Borussia-E-Sports

Wenn du den digitalen Wettkampf liebst, weißt du: Je besser deine geistige und körperliche Performance, umso erfolgreicher bist du. Doch wie ist es um die Fitness bei Gamern in Deutschland bestellt? Ob Bewegung, Ernährung oder Schlaf: Die AOK Rheinland/Hamburg nimmt zusammen mit der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHS) und dem Team Borussia-E-Sports das Gesundheitsverhalten von E-Sport-Fans regelmäßig wissenschaftlich unter die Lupe. Was dabei herausgekommen ist und wie ihr eure Fitness verbessern könnt, sagt euch Chuck Tholl. Der Sportwissenschaftler vom „Institut für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation“ der DSHS forscht über E-Sport und ist Mitautor der Studien.

Chuck Toll
Chuck Tholl von der Deutschen Sporthochschule Köln

Chuck, schafft das ein Gamer überhaupt: Für seine Gesundheit die Konsole abschalten?

Ja. Die Befragungen widerlegen das Klischee, dass die Spieler nur vorm Monitor hocken. Ein Beispiel dafür aus unserer aktuellen Befragung: 85 Prozent der Gamer erfüllen die Empfehlung der WHO, sich mindestens zweieinhalb Stunden pro Woche zu bewegen. Meist waren es deutlich mehr Stunden. Damit sind Gamer körperlich aktiver als der Durchschnittsbürger.

Aber es stimmt schon: Je länger ich spiele, umso schlechter ist das für die Gesundheit?

Langes Sitzen erhöht das Risiko für Erkrankungen und eine frühere Sterblichkeit. Das wissen Gamer aber. Der Sinn von Pausen ist längst im E-Sport angekommen. Nicht nur aus gesundheitlichen Gründen. Gerade Profis haben die Erfahrung gemacht: Wenn ich sechs Stunden am Stück spiele, kann ich nicht so lange Topleistung zeigen. Pausen fördern die Konzentration.

Grund genug, öfter Pause zu machen. Wie sollten sie aussehen?

Um lange Bildschirmzeiten zu unterbrechen, reichen ein paar Minuten aus dem Fenster schauen und dabei blinzeln. Das tut zugleich den Augen gut. Aber ich kann auch alle zwei, drei Stunden aufstehen und mich kurz durchbewegen. Bereits zügiges Spazierengehen oder Treppen hoch- und heruntergehen lohnt. Wer gezielter vorgehen will: Wir haben mit Yaya Blank, dem Content Creator von Borussia E-Sports-Team, sowie der AOK Rheinland/Hamburg vier Übungen erarbeitet. Jeder kann das Video anschauen und das Workout daheim nachmachen. Es dauert nur zehn Minuten.

Wie können Gamer ihre Fitness verbessern?

Wer E-Sport leistungsmäßig betreibt, sollte sich auf die Belastungen vorbereiten. Langes Sitzen fordert Kraft sowie Ausdauer im Rumpf, aber auch in den Extremitäten. Handgelenke, Schulter und Nackenbereich sind stark beansprucht. Wenn du etwa deine Handmuskulatur ganz einfach kräftigen willst: Schnapp dir eine Flasche Wasser und lege den Unterarm auf den Tisch, die Hand ragt dabei über die Tischkante. Drehe nun abwechselnd deine Handfläche zur Decke nach oben und zum Fußboden nach unten. Das dann 15 bis 20 Mal wiederholen. Wenn du aber nicht nur gesundheitlichen Problemen vorbeugen, sondern Muskeln aufbauen will, solltest du gezielt Kraft und Ausdauer trainieren. Du kannst Laufen, Rad fahren oder im Verein trainieren –  je nachdem, wie das die aktuelle Pandemiesituation zulässt. Es gibt auch viele gute Übungen von der AOK, die du daheim nachmachen kannst.

Gamer sind oft Nachteulen, habt ihr herausgefunden. Kommt ihr Schlaf deswegen zu kurz?

E-Sportler schlafen unter der Woche etwa siebeneinhalb Stunden, am Wochenende mehr als acht. Das reicht von der Dauer. Aber es gibt jeder Sechste der Befragten an, aufgrund des Spielens später als geplant ins Bett zu gehen. Ob du gleich ein- oder durchschläfst, bestimmt ebenso die Qualität der Nachtruhe. Dazu haben wir nicht gefragt. Aber wir wissen, dass das blaue Licht in LED-Bildschirmen länger wach halten kann. Von daher der Tipp: Spiele nicht bis kurz vorm Zubettgehen. Schalte lieber eine oder zwei Stunden vorher buchstäblich ab – und damit auch gedanklich.

Wie sieht es mit dem Stresspegel von E-Sportlern aus?

Fast die Hälfte von ihnen fühlt sich laut Befragung moderat gestresst. Besonders als Profi solltest du aufpassen, dass dich deine Leidenschaft nicht unter Druck setzt und krank macht. Aber du kannst dagegen etwas tun. Plane Pausen ein. Auch Entspannungsübungen schützen dich vor zu viel Stress.

Welche Entspannungsmethoden eignen sich für Gamer?

Da gibt es nicht die eine Methode. Dem einen tut Yoga gut, dem anderen hilft Autogenes Training, wieder ein anderer managt seinen Stress am besten durchs Meditieren. Einfach alles mal ausprobieren. Die einzelnen Verfahren lassen sich relativ leicht erlernen, hier helfen dir auch die tollen Erklärvideos der AOK. Wie die Übungen bei der progressiven Muskelentspannung funktionieren, zeigt dir zum Beispiel auch Yaya Blank, dem Content Creator von Borussia.

Laut Klischee sitzen Gamer meist mit Chips, Pizza und Bier vorm Bildschirm!

Zum Glück nicht. Die meisten Befragten ernähren sich bewusst und haben Normalgewicht. Fast Food, Alkohol und Süßigkeiten stehen überraschend wenig auf dem Speiseplan. Außerdem kochen Gamer oft selbst, rund 15 Prozent von ihnen sind Vegetarier. Allerdings gibt es auch schlechte Gewohnheiten. Etwa 40 Prozent der Befragten konsumiert regelmäßig Energy-Drinks. Von den Vegetariern abgesehen essen zudem die Fleischliebhaber täglich ihr Steak oder Salamibrot. Nur 16,5 der E-Sportler essen wie empfohlen fünf mal am Tag Obst und Gemüse.

Warum ist es negativ, sich Energie aus der Dose zu holen?

Die Drinks sind kalorienreich und enthalten Zusatzstoffe wie Taurin. In größeren Mengen können Energy-Drinks bei jüngere Menschen Herz-Kreislaufprobleme auslösen. Wer unbedingt einen Energieschub braucht, kann auch Kaffee trinken. Noch besser ist leicht gesüßter, schwarzen Tee, da hält die wachmachende Wirkung am längsten. Der erste Kick ist aber nicht so stark wie bei Kaffee.

Wie schaffe ich die empfohlenen fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag?

Einfach kleine Obst- und Gemüsestücke kleinschneiden, vor sich auf den Tisch legen und über den Tag verteilt essen. Wer sich Mittagessen kocht, sollte Gemüse als Hauptmahlzeit einplanen. Die Vitaminbomben in fester Form enthalten Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Wenn du Smoothies bevorzugst, stelle sie selbst her. Übrigens gibt es auf der Seite von Borussia-E-Sports, dem Gesundheitspartner der AOK, tolle Tipps zur Ernährung und Rezepte für E-Sportler.

Wenn du die Gesundheitsstudien der Gamer im Ganzen beurteilst: Was ist dein Fazit?

Die gängige Vorstellung, dass E-Sportler ungesund leben, ist falsch. Aber da ist Luft nach oben. Kritisch ist zum Beispiel der hohe Konsum von Fleisch und Energy-Drinks mancher Spieler. Ihr langes Sitzen vorm Bildschirm stimmt bedenklich. Je mehr Zeit jemand mit den digitalen Medien verbringt, umso schlechter nimmt er subjektiv seine Gesundheit wahr. Das sollte sich ändern.