Wenn sich Kinder und Jugendliche übermäßig unruhig und unkonzentriert verhalten, kann ADHS ein Grund dafür sein. Konzentrationsschwäche ist eines der Hauptsymptome der ADHS. Doch was steckt eigentlich hinter dieser Abkürzung und welche anderen Ursachen kann Konzentrationsschwäche haben? vigozone hat bei Kinder- und Jugendärztin Dr. Molitor-Mintert nachgefragt und die wichtigsten Infos für euch zusammengefasst.
Was ist ADHS?
ADHS ist die Abkürzung für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Das ist eine psychische Erkrankung, von der etwa fünf Prozent der Kinder und Jugendlichen betroffen sind. ADHS ist damit eine der häufigsten psychischen Erkrankungen im Kindesalter. Auch circa zweieinhalb Prozent der Erwachsenen haben ADHS.
ADHS äußert sich in Aufmerksamkeitsstörungen und/oder Impulsivität sowie Hyperaktivität. Die Ausprägung der Symptome ist vielfältig. Sie können bei jedem Menschen auftreten, weichen bei ADHS aber in ihrem Ausmaß von der Norm ab.
Die ersten Auffälligkeiten zeigen sich meist schon bei jungen Kindern, besonders zu Beginn der Schulzeit. Die Kinder sollten laut Leitlinie jünger als zwölf Jahre alt sein. Bis die Diagnose gestellt wird, müssen die Symptome mindestens sechs Monate bestehen, meist jedoch dauern sie bereits länger an. Sie können in manchen Fällen sogar bis ins Erwachsenenalter anhalten.
ADHS beeinträchtigt Betroffene in ihrem Alltag. Sie können sich nicht gleichermaßen wie andere gesunde Menschen integrieren und am Leben teilhaben. Ihr Verhalten entspricht nicht ihrem Entwicklungsalter und Entwicklungsstand. Dadurch fühlen sie sich häufig ausgegrenzt, und es fällt ihnen beispielsweise schwer, Freundschaften aufzubauen und aufrecht zu erhalten.
Ursachen
Es gibt mehrere Faktoren, die als Ursache für ADHS angesehen werden. Dazu zählen genetische Faktoren: Kinder, deren Eltern schon ADHS hatten, haben ein doppelt bis achtfach erhöhtes Risiko, ebenfalls an ADHS zu erkranken. Auch Umweltfaktoren können das Risiko für ADHS steigern, zum Beispiel Rauchen und Alkoholkonsum der Mutter in der Schwangerschaft, aber auch Frühgeburtlichkeit beziehungsweise ein niedriges Geburtsgewicht. Psychosoziale Faktoren wie die fehlende Zuwendung oder psychische Erkrankungen der Eltern sowie eine negative Erziehung können sich auf den Krankheitsverlauf auswirken. Zudem zeigt sich bei den Betroffenen häufiger eine veränderte Hirnstromaktivität im EEG (Darstellung der Hirnströme) und ein niedrigeres Hirnvolumen als bei gesunden Personen.
Symptome
Mangelnde Konzentrationsfähigkeit ist eines der Hauptsymptome der ADHS. Abhängig vom Alter äußert sie sich in unterschiedlichen Formen. Wenn mehrere der Symptome gleichzeitig und über einen längeren Zeitraum (mindestens sechs Monate) auftreten, kann dies ein Hinweis auf eine ADHS bedingte Konzentrationsschwäche sein.
Beispiele für ADHS bedingte Symptome: Betroffene…
- sind unaufmerksam gegenüber Details
- begehen Sorgfaltsfehler bei (Schul-)Arbeiten
- sind häufig nicht in der Lage ihre Aufmerksamkeit beim Spielen oder Aufgaben aufrecht zu erhalten, sie wechseln sehr schnell zwischen Aktivitäten
- hören nicht zu oder können Erklärungen nicht folgen
- können Aufgaben oder Aktivitäten (z.B. Hausaufgaben) schlecht organisieren
- vermeiden Aufgaben, die geistiges Durchhaltevermögen erfordern
- verlieren häufig wichtige Gegenstände wie Schlüssel
- werden leicht abgelenkt und wirken schnell vergesslich
Therapie
Falls mehrere der Kriterien im Zusammenhang mit Unaufmerksamkeit beziehungsweise motorischer Unruhe sowie Impulsivität in mehreren Lebensbereichen auftreten, sollte die Ursache abgeklärt werden. Der erste Ansprechpartner kann der Kinder- und Jugendarzt sein. Stellt dieser ein auffälliges Verhalten fest, kann im nächsten Schritt zum Beispiel ein Kinder- und Jugendpsychiater weitere Tests durchführen, um die richtige Diagnose zu stellen. Die Diagnose ist schwierig, da ADHS häufig mit Begleiterkrankungen einhergeht und sich andere psychische und organische Erkrankungen manchmal nur schwer abgrenzen lassen. Die gleichen Symptome können nämlich bei unterschiedlichen Erkrankungen auftreten. Außerdem sind die Übergänge zwischen normalem und auffälligem Verhalten fließend.
Wie ADHS behandelt wird, hängt vom Alter des Betroffenen und der Ausprägung der Krankheit ab. Daher wird die Therapie individuell an den Patienten angepasst und regelmäßig überprüft. Die Therapieformen basieren entweder auf psychosozialen und psychotherapeutischen Elementen und/oder medikamentösen Ansätzen. Zu den psychotherapeutischen und psychosozialen Maßnahmen zählen zum Beispiel Elterntraining, angeleitete Selbsthilfe, Lehrertraining Ergotherapie, Konzentrationstraining sowie Neurofeedback (durch Konzentration modulierte Veränderungen der der Hirnströme).
Verhaltensauffälligkeiten erkennen
Kinder ab dem Schulalter, die an ADHS leiden, merken selbst, dass etwas nicht stimmt, bekommen es aber auch von ihrem Umfeld zurückgespiegelt, zum Beispiel dadurch, dass sie in der Schule nicht mitkommen, weil sie dem Unterricht nicht folgen können. Das allein ist jedoch noch kein ausreichender Hinweis auf eine ADHS bedingte Konzentrationsschwäche, denn ADHS betrifft immer mehrere Lebensbereiche. Zusätzlich zu den Konzentrationsproblemen in der Schule können Betroffene beispielsweise Aufgaben im Haushalt nicht durchführen, weil sie sich leicht ablenken lassen und schnell wieder vergessen, was zu erledigen war. Sie sind nicht nur vorübergehend unkonzentriert, sondern dauerhaft. Eine vorübergehende Konzentrationsschwäche kann hingegen zum Beispiel durch Schlafmangel oder Sorgen und Probleme verursacht werden. Auch Depressionen können der Grund für Konzentrationsschwäche sein.
Konzentrationsfähigkeit steigern
Unabhängig von einer ADHS-Erkrankung ist eine gute Strukturierung des Alltages hilfreich, um die eigene Konzentrationsfähigkeit zu verbessern. Außerdem wirken ausreichend Schlaf und eine ausgewogene Ernährung unterstützend. Durch regelmäßige Bewegung und Sport wird die allgemeine Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit verbessert. Dazu trägt auch die Stärkung des inneren Gleichgewichts bei. Dabei helfen zum Beispiel meditative oder entspannende Übungen wie autogenes Training sowie Muskelrelaxation. Die Merkfähigkeit lässt sich zusätzlich durch kleine Übungen im Alltag verbessern: Bei Jugendlichen und Erwachsenen beispielsweise durch das Lesen der Zeitung und Reflektieren einzelner Inhalte, Vokabeln lernen, Schach spielen oder Kreuzworträtsel sowie Sodoku lösen.