Junges_Paar_guckt_Horrorfilm_im_Kino © Boonterm/AdobeStock

Zwischen Furcht und Freude: Wenn wir uns gruseln, verschafft uns das einen Kick, inklusive Adrenalinschub und Ausschüttung von Glückshormonen. Und deshalb können wir davon häufig nicht genug bekommen.

Sich zu gruseln, ist voll im Trend

Wie gruselig: Zombies, Vampire, Monster – bei Halloween steht vor allem der rituelle Spaß am Verkleiden und möglichst schaurigen Outfits im Vordergrund. Doch auch Horrorfilme, Endzeit-Serien und das True-Crime-Genre erfreuen sich in Deutschland großer Beliebtheit. Warum gruseln wir uns so gerne? Was machen die Adrenalin-Schocks mit unserem Körper? Und ist der aufregende Nervenkitzel eigentlich gut oder schlecht für uns?

Angstlust: der Kick beim Gruseln

Gruseln ist mehr als nur Furcht zu empfinden, es ist eine Mischung aus scheinbar widersprüchlichen Gefühlen – der sogenannten Angstlust. Einerseits spüren wir eine Bedrohung und gleichzeitig ein wohliges Gefühl. Das passiert in unserem Körper, wenn wir uns gruseln:

 

  • In der Erwartung, dass uns etwas Schlimmes zustößt, löst der Körper Alarm aus: Das Herz schlägt schneller, das aufputschende Stresshormon Adrenalin wird ausgestoßen, die Hände werden feucht und der Blutzuckerspiegel
  • Und dann setzt die große Erleichterung ein, denn du sitzt ja in Wirklichkeit in Sicherheit im Kino oder mit Freunden vor dem Bildschirm.
  • Wenn die Monster besiegt oder die grausamen Mordserien gelöst sind, sorgen Glückshormone wie Endorphin und Dopamin für einen positiven Kick – und dieses Gefühl bleibt stärker in Erinnerung als die Angst.
  • Das Resultat: Du willst das Hochgefühl wieder erleben, auch wenn du davor den gruseligen Nervenkitzel ertragen musst, im Grunde das gleiche Prinzip wie bei einer Fahrt mit einer Achterbahn.

Nicht jeder gruselt sich gerne

Natürlich macht nicht jedem Gruseln Spaß. Und die Lust an der Angst ist auch nicht in jeder Lebensphase gleich stark ausgebildet. Jugendliche brauchen häufig mehr Nervenkitzel und Anreize als Erwachsene, da während der Pubertät die Empfindlichkeit für das Glückshormon Dopamin noch schwach ausgeprägt ist und Situationen, die ältere Menschen als aufregend oder gruselig empfinden, von Jugendlichen als wenig spannend wahrgenommen werden. Sie brauchen also stärkere Reize für ihren „Kick“.

Emotionen können frei ausgelebt werden

Gruseln kann auch befreiend sein. Schließlich geben in der realen Welt wohl nur wenige Menschen gerne zu, dass sie Angst empfinden. Beim Anschauen von Horrorfilmen ist das ganz anders. Hier ist es völlig normal, aufgeregt zu kreischen oder sich die Augen zuzuhalten – ähnlich wie bei einer Achterbahnfahrt oder in der Geisterbahn. Der Freizeithorror erlaubt es uns, Emotionen so ungefiltert auszuleben, wie das sonst im Alltag kaum möglich ist. Und es ist auch ein bisschen wie ein Kinderspiel für Erwachsene – diese Aufregung zu empfinden, so wie früher beim Versteckenspielen.

Gruseln ja, aber bitte nur mit Kontrolle

Dabei haben Fans von Horror keineswegs grundsätzlich Nerven wie Drahtseile oder sind besonders mutig. Untersuchungen der University of Pennsylvania zufolge schätzen gerade ängstlichere Menschen beim Anschauen von Horrorfilmen das Gefühl der Kontrolle. Sollte es zu gruselig werden, können sie den Film schließlich jederzeit stoppen, aus dem Raum gehen oder mit ihren Freunden darüber reden.

True-Crime-Genre: echten Grusel nachempfinden

Während Horrorfilme so alt sind wie das Kino selbst, ist das True-Crime-Genre vergleichsweise neu. True-Crime-Formate sind Bücher, Podcasts oder Filme, die wahre Verbrechen – fast immer Morde und Gewaltdelikte – detailliert nachzeichnen. 2017 erschienen bundesweit drei True-Crime-Podcasts, 2022 waren es schon 120. Die Zuhörenden sind dabei zu einem Großteil weiblich. Auch auf Streaming-Portalen wie Netflix sind True-Crime-Dokus wie „Dahmer – Monster: Die Geschichte von Jeffrey Dahmer“ oder „Unsolved Mysteries“ angesagt.

Warum interessieren sich viele Frauen für True-Crime-Formate?

Warum vor allem Frauen von der Jagd auf Serienmörder oder der Ermittlungsarbeit der Kripo fasziniert sind, ist wissenschaftlich noch nicht ausreichend erforscht. Studien wie die des Bundeskriminalamtes 2022 zeigen, dass Frauen mehr Angst vor Verbrechen haben als Männer. Eine Schlussfolgerung könnte sein, dass sie sich deswegen intensiver mit der Thematik beschäftigen. Eine andere mögliche Erklärung ist: Frauen wird eine höhere Empathie zugeschrieben als Männern – sie könnten sich deshalb von den meist hochdramatischen „echten“ Geschichten mehr angesprochen fühlen.

Gruseln kann glücklich machen

Ob zum Stressabbauen, Spaßhaben oder Kontrolle ausleben: Ein bisschen Nervenkitzel ist gut für dich. Hier kannst du deinen vagen Ängsten im geschützten Raum begegnen und dich darin üben, sie auszuhalten. Das macht dich sogar resilienter gegenüber echten Ängsten und hilft dir bei verunsichernden Situationen im Alltag.