©Diego Cervo/ Adobe Stock

Immer mehr Blogger aka Healthfluencer teilen ihre Krankheitsgeschichte in sozialen Netzwerken. Sie wollen sich und anderen damit helfen. Aber funktioniert das? Wir stellen zwei Influencer vor, die mehr als nur gute Vorbilder sind.

Social Media ist die Welt, in der alle immer happy sind. Kommt dir das auch manchmal so vor? Da fällt es schon auf, wenn Leute plötzlich von ihren psychischen Downs oder Krankheitsstorys posten. Nach dem Motto: „Let’s face reality“. Einige sehen das kritisch. Andere wiederum finden es mega. Ihr Argument ist, dass Negatives nun mal zum Leben dazugehört. Außerdem können die sogenannten Healthfluencer Leute mit dem gleichen Problem supporten und Tabus brechen. So wie Winnie Harlow, die trotz ihrer Hautkrankheit ein erfolgreiches Model ist.

Warum sind manche so outgoing mit ihrer Krankheit?

Für Menschen mit einer seltenen oder tabuisierten Krankheit ist es erstmal schwierig, Gleichgesinnte zu finden. Logisch. Vor allem, wenn sie im Krankenhaus liegen und nicht weg können. Oder außerhalb wohnen und keine Selbsthilfegruppe in der Nähe ist. Vielleicht ist es ihnen auch unangenehm, sich face-to-face auszutauschen. Da kann es helfen, im Web nach Leuten in derselben Situation zu suchen. Oder die eigene Story zu erzählen. Viele positive Reaktionen von außen bestärken dann die meisten Healthfluencer, weiterzumachen. Sie fühlen sich nicht mehr so allein mit ihrem Problem – genau wie ihre Follower und Followerinnen.

Seriöser Account oder nicht – woher weiß ich‘s?

Damit musst du aufpassen: Fake-Stories. Menschen, die vermeintlich betroffen sind, empfehlen Medikamente oder Produkte, die angeblich heilen und super wirken. Dahinter stecken oft Unternehmen, die Werbung machen. Also: Sei unbedingt kritisch und überprüfe immer, wer der Anbieter des Artikels ist. Ein seriöser Blogger oder Healthfluencer weiß, dass jeder Krankheitsverlauf individuell ist. Auch die Therapie und Heilung. Eine Empfehlung für Behandlungsmethoden etc. sollten immer mit diesem Hinweis versehen sein.

True Stories von Healthfluencern

Mit einem Bein durchs Leben

Mit 20 Jahren erhält Alex die Diagnose Knochenkrebs (Osteosarkom). Auf Social Media dokumentiert er seine Geschichte bis heute: 15 Chemos, neun OPs und viele Monate in der Klinik. Als es im April 2019 zu Komplikationen kommt, amputieren Ärzte sein rechtes Bein.

Osteosarkom – was ist das?

Das Osteosarkom ist eine Form von Knochenkrebs und der häufigste Knochentumor, der bei Kindern und Jugendlichen auftaucht. Er kommt überwiegend in Armen und Beinen vor, besonders ober- oder unterhalb des Kniegelenks. Der Krebs entsteht, wenn Zellen, die für den Knochenaufbau zuständig sind, entarten. Die meisten dieser Tumore wachsen und streuen sehr schnell. Dieser Krebs tritt häufig während der Pubertät auf (zwischen 15 und 19 Jahren). Etwa 40 Kinder und Jugendliche erkranken in Deutschland jährlich daran.

Alex‘ neues Leben auf insta:

Vor seiner Krankheit ist Alex nicht aktiv auf Social Media. Als er im Krankenhaus merkt, dass er der einzige mit Krebs ist in seinem Alter, sucht er online nach anderen Betroffenen. Dabei fängt er an, seine Story zu dokumentieren – mit Selfies aus dem Krankenhaus oder Videos, in denen er erklärt, wie man mit einer Prothese geht.

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Sogar einen Abschiedsbrief an sein verlorenes Bein teilt er mit der Community. Seine Posts sind authentisch, sehr persönlich und emotional. Und er bekommt vor allem eins: Bestätigung. Alex lernt Leute kennen, die ihn verstehen und wissen, was er durchgemacht hat. Das „nach außen tragen“ hilft ihm, alles zu verarbeiten.

Warum hilft sein Account anderen?

„Konzentrieren wir uns lieber auf das, was ich dieses Jahr neu gelernt habe: Kickroller fahren, Inliner fahren, Hula Hoop.

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Dieser Post beschreibt gut, wie Alex mit seiner Situation umgeht. Meistens positiv und immer „straight forward“. Das zieht viele mit. Keine Doku im TV zeigt so authentisch und detailliert, was im Leben eines Menschen mit Krebs und Bein-Amputation passiert. Alex möchte zeigen, dass er trotz Schicksalsschlag ein fröhlicher Mensch sein kann. Aber nicht nur das: Er findet, dass Krebs oft totgeschwiegen wird. Die, die darunter leiden, müssen mehr „outgoing“ sein, um sich gegenseitig zu unterstützen. Aufklärung ist ihm auch sehr wichtig. Zum Beispiel erklärt er, warum eine Therapie mit einem Spiegel bei Phantomschmerzen hilft.

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Seine wichtigste Botschaft ist wohl: Es geht immer weiter im Leben. Wir können alles schaffen durch die richtige Unterstützung. Mit diesem unerschütterlichen Lebensmut inspiriert er uns alle. Mittlerweile folgen dem 25-Jährigen über 100k Menschen.

In der Regel ist sie stark

Anna Adamyan (geb. Wilken) ist Influencerin und Buchautorin. 2014 war sie Kandidatin bei GNTM. Den Job als Model gab sie auf. Im Jahr 2017 bekam Anna die Diagnose Endometriose. Seitdem schreibt sie auf Insta über ihre Erfahrungen mit der Krankheit und ihrem noch unerfüllten Kinderwunsch. Mit 497k Followern teilt sie sogar das Schicksal ihrer zwei Fehlgeburten.

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Was ist Endometriose?

Endometriose ist die zweithäufigste gynäkologische Erkrankung. Dabei bilden sich Zellen, die der Gebärmutterschleimhaut ähneln, außerhalb der Gebärmutter. Sie treten in Eierstöcken auf, im Bauch- und Beckenraum oder an Darm, Blase und Bauchfell. Auch Organe wie die Leber können betroffen sein, aber selten. Das Problem: Die Zellen verwachsen mit dem Gewebe. Das führt zu Entzündungen und Verklebungen, oft auch Zysten. Mit dem Menstruationszyklus wachsen und schrumpfen sie. Und bluten – was zu enormen Schmerzen führen kann. Oft vor und während der Periode. Auch Schmerzen beim Sex, dem Gang auf die Toilette oder Blut im Urin sind weitere Symptome. Weil die so genannten Endometrioseherde an so vielen Stellen im Körper entstehen können, dauert es meist Jahre, bis die Krankheit diagnostiziert wird. Viele erkranken zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr. Etwa zwei Millionen Endometriose-Patient:innen gibt es in Deutschland – darunter Frauen, Männer, intergeschlechtliche und trans Personen. Endometriose kann auch ohne Gebärmutter im Körper entstehen, in seltenen Fällen zum Beispiel im Gehirn.

Annas Motto: Go for it!

Vor ein paar Jahren gab es nur wenige, die sich im Web als Endometriose-Erkrankte „geoutet“ haben. Anna ist eine der Ersten, die auf Social Media darüber sprechen. Sie gibt ihrer Community Tipps für den Alltag, zum Beispiel zu Periodenschmerzen. Und sie ermutigt ihre Follower, mit Endometriose offen umzugehen und Nicht-Betroffene für das Thema zu sensibilisieren. Für einen Post lässt sie sich zum Beispiel von einer Make-Up-Artistin Wunden auf den Bauch schminken. Dazu schreibt sie: „[…] ungefähr so sieht die Endometriose von innen aus. Aber von außen sieht man sie eben nicht, das ist das Problem […]“.

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Warum hilft der Account anderen?

Der Austausch auf Annas Kanal ist extrem groß. Das zeigen die vielen Kommentare und Likes. Die User helfen sich gegenseitig und wissen, sie sind nicht allein mit ihren Sorgen und Ängsten. Anna ist für viele eine gute Ansprechpartnerin, weil sie schon so viel Erfahrung mit der Krankheit und etlichen Therapien hat. Betroffene fühlen sich durch sie und die Community endlich verstanden.

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Fazit zu Healthfluencern:

Support to go – das können „Healthfluencer“ leisten. Sie trauen sich, über Dinge zu reden, die andere nicht aussprechen können. Damit helfen sie dabei, mehr Akzeptanz für das Thema in der Gesellschaft zu schaffen. Oft kennen sie sich gut aus mit ihrer Krankheit und können anderen mit Infos helfen. Sie ersetzen natürlich nie einen Arzt oder eine Ärztin, klar. Aber das Gefühl, nicht allein zu sein mit seinem Problem ist oft schon eine große Hilfe!

 

Bildnachweis (v.o.n.u.): Diego Cervo/ Adobe Stock, Pixel-Shot/ Adobe Stock