Gruppe junger Menschen auf Parkweg von hinten © Drobot Dean / AdobeStock

Klamotten, Alkohol, Rauchen, Social Media – um zur Gruppe dazuzugehören, müssen oft die „richtigen“ Sachen gemacht werden. Wie du mit Gruppenzwang umgehen kannst.

Warum will ich unbedingt Teil einer Gruppe sein?

Mit dem Gruppendruck ist das ja so eine Sache: Grundsätzlich ist eine Gemeinschaft etwas Sinnvolles. Das Überleben für den Urmenschen war nur in der Gruppe möglich, gegen den Säbelzahntiger hatten unsere Vorfahren allein keine Chance. In einer Horde aber wurden unsere Vorväter und -mütter von Opfern zu Jägern. Daher ist der Wunsch nach Gruppenzugehörigkeit fest in unserer DNA verankert. Der Mensch ist ein soziales Wesen, es ist also völlig normal, dass auch du den Drang verspürst, zu einer Gruppe dazu zu gehören.

Wer sich Gruppenkonform verhält, wird belohnt mit Bestätigung und Rückhalt. Wer sich den Gruppenregeln widersetzt den Gruppenregeln widersetzt und „Nein“ sagt, anders ist, wird ausgegrenzt, gehört nicht dazu, verliert den Schutz der Gruppe. Was in der Steinzeit einem Todesurteil gleichkam, hat heute nicht mehr so dramatische Folgen – trotzdem fällt es schwer, sich dem Konformitätsdruck, dem Gruppenzwang zu entziehen. Das liegt daran, dass unsere Instinkte immer noch die eines Urmenschen sind.

Das Problem an der Sache: Die Gruppe, die Mehrheit hat leider nicht immer recht und handelt nicht immer vernünftig. Eine „Schwarmintelligenz“, wie etwa bei Fischen, entstünde nur dann, wenn jedes Gruppenmitglied sich seine eigene Meinung bilden würde, ohne zuvor von der Gruppe beeinflusst zu sein. Dies ist in unserer Gesellschaft, gerade in den Zeiten der sozialen Medien, praktisch unmöglich. Der Effekt: Konformität macht dumm, wenn die einzelnen Gruppenmitglieder nur nachplappern, was die Mehrheit oder einzelne Gruppen- und Meinungsführer vorgeben, und sich aus Angst vor dem Gruppenausschluss nicht trauen, eigene Ideen und Meinungen in den „Schwarm“ einzubringen.

Umgang mit Gruppenzwang – was tun?

Aber wie schaffen wir es, dem Gruppendruck Stand zu halten? Wenn beispielsweise die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe über das Tragen von oft teurer Markenkleidung definiert wird? Gerade wenn man selbst kaum Taschengeld bekommt oder die Eltern auch nicht für die pricy Klamotten zahlen wollen, wird es schwierig, sich dem Gruppendruck anzupassen. Man wird leicht ausgegrenzt, weil man nicht das richtige trägt, ob man nun will oder nicht. 4 Tipps:

  • Schau mal, ob du günstige Alternativen findest, z.B. in einem hippen Second-Hand-Shop oder auf Plattformen wie Vinted oder Ebay Kleinanzeigen.
  • Steh zu deinem eigenen Style! Viel cooler als bloßes Nachahmen ist es doch, selbst einen Trend zu setzen. Mit einem selbstbewussten Auftreten kombiniert, ist das !
  • Frag dich, ob du wirklich zu dieser Gruppe gehören willst, wenn die so oberflächlich agieren. Wer sind deine echten Freunde und Freundinnen?
  • Schau dich mal um: Es gibt bestimmt noch andere, die nicht auf die Trends aufspringen. Buddy up!

Gruppenzwang bei Alkohol & Rauchen

Beim Rauchen und Alkoholtrinken spielt der Gruppenzwang oft auch eine entscheidende Rolle. Hattest du schon einmal das Gefühl, dass du mitmachen musst, um cool zu sein? Wir sagen dir hiermit: Das musst du nicht – im Gegenteil! Gerade bei Alkohol fallen nicht die Leute unangenehm auf, die nichts trinken, sondern die, die zu oft ins Glas geschaut haben. Drei weitere Argumente für dich als Schützenhilfe:

  • „Man kann definitiv auch nüchtern Spaß haben.“
  • „Alkohol macht dumm – da hab ich keinen Bock drauf.“
  • „Ich möchte selbst die Kontrolle behalten und entscheide für mich allein, wie ich den Partyabend gestalte.“
  • „Kein Bock auf den Kater am nächsten Tag…“

Wer da noch ein Problem mit hat, ist es ehrlich gesagt auch nicht wert, dass du ihm oder ihr deine Aufmerksamkeit schenkst.

Good News übrigens: Bei Tabak- und Alkoholkonsum hat sich in den letzten Jahren tatsächlich ein umgekehrter Gruppendruck durchgesetzt: Rauchen und übermäßiger Alkoholgenuss ist zunehmend „out“. Die Anzahl der rauchenden Jugendlichen sogar auf einem historischen Tiefstand. Und wenn keiner in der Clique qualmt, kommt der Einzelne auch viel seltener auf die Idee, damit anzufangen. Der Druck der Gruppe kann also auch positive Effekte haben, solange die Gruppe vernünftig handelt.

Was du tun kannst, wenn ein Freund oder eine Freundin zu viel kifft, erfährst du hier!

Gruppenzwang auf Social Media

Probleme hingegen wirft der Gruppendruck in den sozialen Medien auf. Hier wird man häufig gedrängt, Stellung zu beziehen, und wer da eine andere Meinung vertritt als die Gruppe, wird schnell „gedisst“.

Kristin Langer, Mediencoach der Initiative „SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht.“, einem Medienratgeber für Familien, erklärt, was du tun kannst, wenn dich der Druck einer Bezugsgruppe in eine bestimmte Richtung zwingt: „Wichtig ist, sich klarzumachen, wann und wodurch man unter Druck gesetzt wird. Es kann das Drängeln sein, dass man sich in einem Chat äußern soll, obwohl man eigentlich keine Lust dazu hat. Wenn der eigene Freundeskreis einen bestimmten Beitrag, anders bewertet, als ich selbst, kann es knifflig werden. Oder wenn man seinen Instagram- oder TikTok-Account nur hat, um Fotos und Videos von anderen anzuschauen und selbst nichts posten will.“

Bei Postings können einen auch die Kommentare zu den eigenen Beiträgen unter Druck setzen. Das muss gar kein „shitstorm“ sein: Allein die Tatsache, dass sich andere zu den von dir geposteten Inhalten, deinem Aussehen, deiner Figur, deinen Klamotten äußern, lässt dich bestimmt nicht unbeeindruckt. Wer sich hier unwohl oder gar bedrängt fühlt, sollte die Kommentarfunktion sperren.

„Gruppendruck kann auch entstehen“, so Langer, „durch den Vergleich von Klicks, Followerzahlen oder Seitenaufrufen.“ Kristin Langer: „Auch in der Gamerszene wird im begleitenden Chat oder Live das Spielverhalten anderer bewertet und so kann Leistungsdruck entstehen.“

Wie gehe ich damit um, wenn ich mich unter Druck gesetzt fühle?

Kristin Langer rät, immer das persönliche Gespräch mit der Person zu suchen, von der man sich gedrängt fühlt. Text- oder Sprachnachrichten sind nicht geeignet, oft schaukelt man sich dabei nur hoch oder missversteht den anderen. „Wer sich in einer Chatgruppe nicht mehr wohl fühlt, sollte das im persönlichen Gespräch mit den anderen ansprechen. Oftmals ist man nicht allein mit dem Problem. Und wenn sich nichts ändert: die Gruppe verlassen.“ Auch wenn dieser Schritt natürlich Mut erfordert.

Neben dem Zwang, der durch andere erzeugt wird, machen wir uns gerade als Nutzer der modernen Medien auch oftmals selbst Druck. Wer sich zu viel in den sozialen Medien bewegt, hat oft die Befürchtung, etwas zu verpassen, nicht auf dem Laufenden zu bleiben. Dieses Phänomen, „Fear of Missing Out (FoMO)“ genannt, ist gerade unter Jugendlichen zunehmend verbreitet. Hier gilt es, ehrlich zu sich selbst zu sein: Verpasse ich wirklich was oder vermute ich das nur? Du solltest bewusst dein Gefühl unter die Lupe nehmen und, so Kristin Langer, „nicht aus den Augen zu verlieren, welche anderen, nicht digitalen Kommunikationsmöglichkeiten ich habe.“ Eine gute Gegenbewegung dazu: #JOMO – the „joy of missing out“!

Oft hilft ein bewusstes Experiment, zusammen mit einem Freund oder einer Freundin: Mal drei Tage austesten, wie es ohne soziale Medien läuft – und – herrlich verrückte Idee – sich stattdessen an jedem Tag anzurufen. Die Entdeckung der Langsamkeit hat oft etwas Befreiendes.

 

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